Liebe Gäste, liebe Brüder, das Thema meines Vortrages lautet:
“Wo kommst Du her, wo gehst Du hin?”
Diese Sprichwort kennt wohl jeder von uns. In der Bibel finden wir es bei Moses, und auch Vicky Leandros hat darüber ein Lied gesungen.
Doch, irgendetwas fehlt. Fällt es Ihnen auf?
Mit dieser Frage wollen wir wissen, wo her, also seinem Startpunkt, und wo hin, also seinem Endpunkt, jemand geht, fährt oder sich auch immer irgendwie bewegt. Scheinbar scheint es für niemanden interessant zu sein, woher die Person gegangen ist, also ihren Weg.
Wie Goethe schon sagte: Reisen bildet.
Welche Bildung der Reisende genossen hat, ist nicht wichtig, oder, ob er Hilfe braucht oder brauchte auf diesem Weg. Ob er innehalten wollte oder musste. Wie lange er schon unterwegs ist.
Und auch der Zweck, also das „Wozu“ fehlt. Wer einen Weg beginnt, sollte dies nie mit der Frage „Warum mache ich das?“ definieren. Das „Warum“ sucht eine Begründung in der Vergangenheit.
Die Antworten beginnen oft mit „Weil“. Man begründet somit seinen Weg mit Wissen, das man in der Vergangenheit erlangt hat.
Welchen Sinn macht es zum Beispiel für einen Bergsteiger, auf die Frage des „Warum“ zu antworten: „Weil mein Vater auch schon oben war.“. Wie viele Menschen gestalten mit dieser Einstellung ihre Zukunft:
Ärzte, Architekten, Politiker, … Die Liste lässt sich bestimmt beliebig fortführen.
Doch vor jeder Reise muß bekannt sein, wozu man sich auf den Weg macht. Und genau dies ist auch der Startpunkt der Reise zur Freimaurerei.
Doch nicht jeder findet den Weg. Viele haben Bedenken, Angst, sind sich nicht sicher.
Wenn Sie jetzt nicht beginnen, Ihr „Wozu“ zu klären, werden Sie den zweiten Schritt nicht gehen.
Doch auch solche Menschen finden Sie in der Freimaurerei.
Auch hier finden Sie Familiendynastien. Wie das eben so ist, „Wenn der Vater mit dem Sohne …“ oder auch schon mal „die Ehefrau dem Ehemann“ und so weiter.
Klären Sie dieses „Wozu“ für sich. Ansonsten kann es Ihnen passieren, dass das Ziel der Freimaurerei nicht Ihres wird und ist. Auch dafür gibt es Beispiele, wo angeblich „begeisterte“ Freimaurer plötzlich alles beenden
und die Freimaurerei verlassen und hinter sich lassen.
Das wünschen wir Ihnen nicht.
Leider können wir Ihnen aber bei Ihrem „Wozu“ nicht grundsätzlich helfen. Dieses „Wozu“ finden Sie nur bei sich. Denn dazu benötigen Sie all ihr Wissen und all Ihre Erinnerungen, um dieses „Wozu“ zu bestimmen.
Wir kennen Sie nicht gut genug, um hier ernsthaft behilflich zu sein. Wir können Ihre Fragen, die zur Klärung beitragen sollen, auf einem Gästeabend beantworten, aber wie im wirklichen Leben liefern ihnen 10
Freimaurer vielleicht 11 Antworten.
Jeder mit seinem Wissen und seinen Erinnerungen. Aber es sind eben ihre „Wozu“. Sie können versuchen, sich
aus diesem Puzzle Ihr Zielbild zu komponieren. Sie können aber auch mit jedem Menschen in Ihrer Umgebung sprechen.
Diese kennen Sie vielleicht besser und haben andere Tipps parat. Am Ende sind es nur Sie,
die das „Wozu“ festlegen und den Weg beginnen. Der zweite Punkt der fehlte, der Weg, den müssen Sie bis zu unserer Tür
alleine gehen. Dann sollten Sie anklopfen.
Dies ist wichtig, da es Ihr Wille ist, der um Einlaß bittet. Und erst wenn sich die Tür öffnet, beginnt hinter
der Tür der freimaurerische Weg für Sie, wenigstens offiziell. Es gibt auch Menschen, die unsere Ideale leben, die aber niemals Freimaurer werden.
Auch sie gehen ihren Weg. Und diesen freimaurerischen Weg werden wir dann mit Ihnen gehen.
Er lässt Ihnen nicht immer die Wahl des nächsten Schrittes, weil es viele Dinge auf diesem Weg gibt, die uns die bewährte Tradition vorgibt. Sie spielt in unserem Ritual eine gewichtige Rolle.
Wenn Sie sich jetzt sagen, ein Ritual mit verstaubter Tradition ist nichts für mich, dann kann ich Sie voll und ganz verstehen. Ich war auch so. Zu logisch. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ein Ritual etwas für mich ist.
Innerhalb kürzester Zeit hat es mir etwas gegeben, von dem ich nicht mal wusste, das es mir fehlt. Wenn Sie mich jetzt fragen würden, was es ist, muss ich Ihnen leider eingestehen, dass ich es nicht, oder nur schlecht,
beschreiben kann.
Für mich ist dies eines der „Geheimnisse“ der Freimaurerei. Ich würde es lieber als „Emotionales“ bezeichnen. Selbst
wenn ich es wollte, könnte ich es nur rudimentär beschreiben. Man muß das im Brüderkreis erleben.
Und heute? Fragen sie meine Brüder, die werden es Ihnen bestätigen. Ich bin ein Ritual-Verrückter. Es macht Spaß, damit zu arbeiten, es anzuwenden, sich einzubringen, immer Neues darin zu finden.
Und manchmal macht es auch Spaß, der Ritualkommission, dem Wächter über unser Ritual, Fragen zu stellen, die selbst altgediente Brüder in dieser Institution nicht beantworten können, oder nicht mehr zeitgemäße Themen
in Frage zu stellen, an die sich diese Kommission nicht herantraut.
Und sonst?
Den Großteil Ihres freimaurerischen Weges gehen Sie allein. Dazu dient Ihr hoffentlich geklärtes „Wozu“ als Richtschnur. Sie können die Brüder um sich herum fragen, wie sie einen Weg gehen würden.
Sie können viele Brüder fragen und erhalten einen Blumenstrauß an Möglichkeiten.
Und am Ende entscheiden wieder Sie allein. Die Brüder sind Helfer, Wegbegleiter, Spiegel, Freunde, aufmerksame Zuhörer. Kritisch sind sie immer. Aber Sie können ihnen vertrauen. Verschwiegenheit ist Richtschnur.
Und auch die Menschen in ihrem nicht freimaurerischen Leben, werden ihren Weg begleiten, spiegeln, Ihnen helfen und Ihnen ein guter Freund, eine gute Freundin sein. Das ist kein Alleinstellungsmerkmal der Freimaurerei.
Der Vorteil der Brüder ist, dass Sie nur Brüder sind. Freunde, besonders Ehepartner, haben einen anderen Status. Sie wollen auf Ihre Art an Ihrem Leben Teil haben. Ein Bruder ist da eher neutral.
Dies ist für mich auch der Punkt, warum man seinen Weg alleine geht.
Jeder in seinem Tempo, jeder mit seinen Entscheidungen.
In der Loge hat dies den Vorteil, nur Bruder zu sein. Daher gibt es für mich auch nur die reine Männerloge.
Ein Springen zwischen der Rolle Bruder und Lebenspartner, wie es in gemischten
Logen gelebt wird, wäre ein schwieriger Spagat.
Vertrauen von Bruder zu Bruder und von Bruder zur Schwester, dem Lebenspartner, wäre eine
vernunftgesteuerte Zensurbehörde. Man würde abwägen was man sagt, und was man besser nicht sagt.
Und damit Gefahr laufen, das Vertrauen zu den Brüdern und auch zum Lebenspartner zu zerstören. Das ist aber
nur meine subjektive Einstellung.
Sie sehen, Ihr Weg kann spannend und erfahrungsreich werden.
Ob Sie das Ziel erreichen, mit dem Sie beginnen, oder ob Sie die Zielkoordinaten
verändern. All das ist Ihr Weg. Doch helfen Sie auch den Brüdern.
Berichten Sie von Ihrer Reise. Nur so können auch die Brüder ihre Reiseziel erweitern, verengen, umplanen.
Wer bei uns seinen Weg beginnt, kommt selten am erst gesetzten Ziel an.
Zu viel gibt es zu lernen, sehen, zu erfahren. Und keiner wird versuchen, sie wieder auf den „richtigen Weg“ zu bringen. Den gibt es bei den Freimaurern nicht.
Für einen Bergsteiger liegt die Sache anders. Wie viele gehen abseits der „richtigen“ Wege und werden in unserer Zeit durch die Klimaerwärmung auf Ihren Abwegen gefunden. Auch aktuellen Bergsteigern kann dies passieren.
Und das kann auch heute noch lebensgefährlich sein.
Jeder kann seinen eigenen Weg finden und gehen. Doch ohne Startpunkt ist der zweite Schritt vor dem ersten erfolgt.
Wer sich dann wundert, welchen Weg er im Rückblick eingeschlagen hat, sollte sich klar machen,
dass viele Umwege und Extra-Strecken mit einem festen Startpunkt, dem „Wozu“, nicht notwendig gewesen wären.
Doch auch sie haben wieder zu Erfahrungen und Einsichten verholfen. Also doch nicht alles umsonst.
Und wo stehen Sie? Sind Sie schon unterwegs? Und viel wichtiger:
Welches „Wozu“ haben Sie als Ausgangspunkt gewählt?
Liebe Gäste, liebe Brüder, meine Vortrag ist beendet.
Ich freue mich auf die Reiseberichte derAnwesenden.